Städtebau
Städtebauliche Kriminalprävention
Im Folgenden möchten wir Ihnen eine kleine Einführung in das breite Spektrum der städtebaulichen Kriminalprävention bieten. Diese ersetzt nicht die Beteiligung an Planverfahren oder eine individuelle Beratung mit unmittelbaren Projektbezug.
Stadtplanung als Mittel zur Kriminalitätssenkung

Es gibt einen Zusammenhang zwischen Kriminalität und unserem Lebensraum. Das ist erwiesen.

Die tägliche Begegnung mit dem (geplanten) Raum und der Umwelt prägen das menschliche Verhalten und Erleben maßgeblich. Dabei können sowohl das soziale als auch das räumliche Umfeld menschliche Verhaltensweisen auf verschiedenen Ebenen stimulieren und motivieren, aber auch abschwächen.

Die uns umgebenden Wohn-, Lebens-, und Nutzungsstrukturen beeinflussen dabei in einem erheblichen Maß das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung und meist, in Folge dessen durch zB. ein negatives (Stadtteil-)Image, auch die tatsächliche Kriminalitätslage.

Ähnlich einer Spirale entwickelt sich das Unsicherheitsgefühl. Raummeidung und Angsträume entstehen und kriminelles Verhalten wird durch mangelnde soziale Kontrolle gestärkt.

Ortstypische Kriminalität weitet sich aus.

Entstehung von Kriminalität hat daher nicht nur ausnahmslos soziale Merkmale, sondern ist vielmehr im Kontext der Entstehungszusammenhänge auch als geographisch individuelles Ereignis zu betrachten. 

Die Entstehung der städtebaulichen Kriminalprävention

Um diese Art der Kriminalität erklären zu können, wurde im Laufe der Jahre ein breites Spektrum von Kriminalitätstheorien entwickelt, welche die verschiedenen Perspektiven in den Fokus nahmen.

Die städtebauliche Kriminalprävention setzt hier unmittelbar mit dem Gedanken an, die Begehung von Straftaten unattraktiv zu machen. Dies, indem auf die Gestaltung des Raumes positiver Einfluss genommen, das Entdeckungsrisiko erhöht und somit in Folge die Tatgelegenheit reduziert wird.

Denn auch ein Täter vollzieht vor der Tatausführung eine Risikobeurteilung!

Dabei spielen Fragen wie zB. „Wie groß ist mein Entdeckungsrisiko?“, „Können mich Personen bei Tatausführung sehen?“ oder „Kann ich potentiell von anderen Personen an meiner Tathandlung gestört werden?“ (uvm.), eine entscheidende Rolle.

Die schwerpunktmäßige Zuordnung der städtebaulichen Kriminalprävention fällt somit in den Bereich der situativen Kriminalprävention und ist Gegenstand der Polizeiarbeit.

Denn: Bekannte „Hot-Spots“ der Kriminalität stehen in unserem besonderem Interesse. Aber eben auch solche, die sich zu einem entwickeln können.

Die geplante Umwelt beeinflusst somit den Sozialisations- und Integrationsrahmen auf der einen Seite und auf der anderen Seite definiert sie Tatgelegenheitsstrukturen und den Rahmen zur informellen sozialen Kontrolle.

Dieser Verantwortung müssen sich alle stellen, die maßgeblichen Einfluss auf den „Lebensraum Stadt“ nehmen.

Gibt es einen rechtlichen Auftrag zur Beteiligung der Polizei?

Der rechtliche Rahmen zur Beteiligung der Polizei an Plan- und Bauvorhaben ergeht u.a. unmittelbar aus dem Auftrag zur Gefahrenabwehr durch die Polizei selber sowie verschiedener Erlasse der einzelnen Bundesländer. Eine deutschlandweite, verpflichtende Regelung besteht nicht. Dies steht in direktem Gegensatz zu beispielsweise dem Brandschutz.

Aber auch an Architekten und Stadtplaner sowie andere Fachplaner werden diese Anforderungen gestellt. Beispielsweise durch das Baugesetzbuch, welches u.a. die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse stellt und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung berücksichtigt wissen will. Hierbei sind die Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereiche durch die Planung berührt werden können, entsprechend zu unterrichten und zur Äußerung aufzufordern.

Welche Aufgaben und Ziele hat die Polizei?

Aus diesen Gründen übernimmt auch die Polizei ihren Teil der zuvor benannten Verantwortung und betrachtet sich selbst nicht als Planer, sondern als beratendes Mitglied eines kooperierenden Netzwerks. Aufgabe und Ziel der städtebaulichen Kriminalprävention ist es, die für den „Lebensraum Stadt“ verantwortlichen Planer und Investoren sowohl auf kommunaler als auch auf privater Ebene neutral und kostenlos über die Kriminalitätsentwicklung des Plangebietes aufzuklären. Es ist unser erklärtes Ziel, Tatgelegenheitsstrukturen zu erkennen, präventive Maßnahmen zu erarbeiten und in Folge dessen diese zu reduzieren.

Welches Wissen zeichnet die Polizei dabei aus?

Die Polizei zeichnet besonders ihr Fachwissen über die regionale Kriminalitätslage aus. Kriminalität ist das zentrale Kernthema der Polizei und diese tritt in den verschiedenen Städten, Ländern und Kommunen in unterschiedlichster Form in den verschiedensten Variationen auf. Daher ist es sinnvoll, immer ihre örtlich zuständige Polizeibehörde zu beteiligen. 
Ferner wird jedes Delikt (Hellfeld) durch die Polizei aufgenommen und ausgewertet. Daher obliegt der Polizei alleine das sogenannte spezielle Täterwissen. Welche Strukturen im Raum nutzen die Täter bevorzugt und wie gehen sie bei Tatausführung vor? Derlei Fragen geht die Polizei nach und vermittelt dieses spezielle Wissen individuell und mit Objektbezug.
 

Macht es Sinn, die Polizei immer zu beteiligen?

Ja, denn auch die Information darüber, dass sich ein bestimmter Bereich, eine Kommune, eine Stadt, ein Vedel positiv entwickelt und das sich die Kriminalitätslage auf einem ruhigen Level befindet ist wertvoll. Wichtig ist hierbei die stetige Evaluation und Veränderungen frühzeitig zu erkennen und zu erörtern. Somit ist die Kooperation mit der Polizei nicht als einmalige Abfrage der Kriminalitätslage zu verstehen, sondern als ein permanenter Begleitprozess und Chance, Veränderungen zu erkennen.

An wen richtet sich das Angebot und wer profitiert davon?

Das Angebot richtet sich an alle Personen, die sich mit der Gestaltung des „Lebensraums Stadt“ beschäftigen. Das sind zB. Kommunen, Verbände, Unternehmen aber auch Selbstständige wie Architekten, Stadtplaner oder Freiraumgestalter.  


 

Welche Grundsätze können im Vorfeld einer Planung Beachtung finden?

Grundsätzlich sollten folgende Leitpunkte immer beachtet werden:
•    Gebäudevorsprünge wie Erker sollen zur besseren Überschaubarkeit des Wohnumfeldes eingeplant werden
•    Zäune, Mauern und Hecken sowie andere Grenzmarkierungen sollen abtrennen, aber nicht unübersichtliche Nischen und Versteckmöglichkeiten erzeugen
•    Bäume und Strauchbepflanzungen sollen strategisch platziert werden, um das wilde Parken von Fahrzeugen in eine dadurch entstehende Unübersichtlichkeit zu verhindern
•    Die Anordnung der Fenster von Wohnungen zu Straßen, Fußwegen und Gassen soll eine soziale Kontrolle und Überwachung ermöglichen
•    Die Außenbeleuchtung der Wege und Gebäude muss so konzipiert werden, dass keine dunklen Bereiche entstehen. Auch innerhalb der Gebäude sowie in Innenhöfen darf es keine dunklen Ecken geben
•    Eine engere, nicht zu großzügige Anlage öffentlicher Flächen und Plätze sichert informelle soziale Kontrolle
•    Parkplätze müssen sauber und gut beleuchtet, jedoch nicht abgelegen sein; d.h. es müssen Blickbeziehungen von Wohnungen und Wegen aus bestehen
•    Die Gebäudekonstruktion, Dächer, Eingangsbereiche und Flure sollen keinen unkontrollierten Zugang zu halböffentlichen / halbprivaten und privaten Bereiche erlauben
•    Die technischen Standards von Türen und Fenstern und die Konstruktion von Balkonen sollen die Zugangsmöglichkeiten Fremder wirkungsvoll behindern
•    Treppenaufgänge, öffentliche WC-Bereiche, Fahrstühle und Eingangszonen sollen nicht abtrennen, sondern offen und gut einsehbar geplant werden 
 

Was versteht man unter dem Begriff „Crime-Mapping“?

Crime-Mapping, oder auch Verbrechenskartierung, bezeichnet in der Kriminologie die Zusammenstellung, Darstellung, Analyse (und in der Folge auch die Evaluation) von Verbrechensmustern. Hierzu bedient sich die Polizei unter anderem modernster Auswerte- und Analysetools, welche die polizeiliche Arbeit unterstützen und als Alleinstellungsmerkmal unverzichtbar für jeden Fachplaner sind.

Präferiert die Polizei „Gated Communities“?

Einen immer stärker aufkommenden Trend stellen global betrachtet die sog. Gated Communities dar. Im Gegensatz zum „Defensible Space“-Ansatz (Oscar Newman) entzieht sich die Gated Community komplett dem öffentlichen Raum. Hierdurch findet eine verstärkte soziale Segregation statt, wodurch es besonders auch im Kindesalter zu für städtisches Leben unerwünschten Sozialisierungsprozessen kommen kann. Die klare Abgrenzung bewirkt ein Schichtdenken und die Gefahr der absoluten Isolation besteht. Durch den Prozess der städtischen und gesellschaftlichen Polarisierung kann der soziale Zusammenhalt einer ganzen Gesellschaft gefährdet werden. 
Das Gegenstück der Gated Communities sind die Gebiete mit räumlich konzentrierter Armut, welche mit dem Terminus der „Urban Underclass“ umschrieben werden. Gewaltkriminalität, Drogenhandel, Jugendgangs und Prostitution stehen mit dieser vermeintlich neuen Klasse immer wieder im besonderen Focus und Zusammenhang, welche eine „potentielle Gefahr“ für die Menschen in Städten bedeutet. 
Öffentliche Parks und Verkehrsmittel werden zu Angsträumen und in der Folge immer mehr gemieden. 
ABER, mit der Gated Community konnte der Mensch zum ersten Mal ohne Stadtplaner und Architekten (vom Bau selbst abgesehen) im großen Maßstab das grundliegende Prinzip des Sicherheitsbedürfnisses zum Ausdruck bringen.
 

Schlusswort und Angebot

Die Geschichte der praxisorientierten Umsetzung von präventiven Konzepten ist noch nicht sehr alt. Seit den 1970ger Jahren werden verstärkt konkrete Handlungsansätze für Architekten und Stadtplaner entwickelt. Anfangs, aus dem Bereich der Architektur, konzipierte Ansätze wurden zusehends von der Polizei aufgegriffen und um kriminologische sowie kriminalistische Aspekte erweitert. 
Dabei zeigte sich, dass die Zusammenarbeit der einzelnen Akteure besonders wichtig ist. Sowohl die Kriminalistik als auch die Fachplanung von urbanem Raum umfasst ein immer breiter werdendes Aufgabenfeld, so dass Spezialisierungen in den einzelnen Bereichen unabdingbar sind.
Somit sieht sich die Polizei, mit den Erfahrungswerten aus den Bereichen der kommunalen Kriminalprävention, als einer dieser Akteure mit dem Ziel, ein grundliegendes Bedürfnis der Menschen zu stärken.
Sicherheit.
 

Das Angebot umfasst die kompetente, neutrale und kostenlose Begleitung Ihrer (Bau-&Plan-)Vorhaben. Hierbei legen wir einen individuellen Fokus auf Ihre Planung, unter Berücksichtigung aktuellster Auswertungen der Kriminalitätslage vor Ort. 
Gemeinsam entwickeln wir Präventionskonzepte zur Reduzierung und Beseitigung von Tatgelegenheitsstrukturen.
Darüber hinaus bieten wir Fachveranstaltungen und Vorträge an.
Auch die Teilnahme an Scoping-Prozessen und Workshops wird ausdrücklich angeboten. 
 

Kooperationspartner

Das Netzwerk „Zuhause sicher“

„Zuhause sicher“ möchte für Einbruchschutz und Brandschutz sensibilisieren. Ein Einbruch kann traumatisieren, ein Wohnungsbrand tödlich sein. Seit 2005 arbeiten im gemeinnützigen Netzwerk Zuhause sicher e. V. Polizei und Kommunen, Handwerksbetriebe und Handwerksorganisationen, Industrieunternehmen und Versicherer zusammen, damit Ratsuchende zuverlässige Informationen und eine kompetente Begleitung auf dem Weg zum sicheren Zuhause erhalten - von der polizeilichen Beratung über die handwerkliche Montage bis zur Präventionsplakette.  

Mehr über „Zuhause sicher”, Tipps zum Einbruchschutz und zum Brandschutz, Infos zur Präventionsplakette und vieles mehr: www.zuhause-sicher.de

Kooperationspartner seitens der Wohnungsbaugesellschaften

  • Studierendenwerk Bonn AöR
  • Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft Bonn eG (GWG Bonn)
  • Vereinigte Bonner Wohnungsbau AG (Vebowag)
  • Vonovia Immobilienservice GmbH

 

Plakette des Netzwerks "Zuhause sicher" wird übergeben
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Plakettenübergabe "Zuhause sicher"

Der Kooperationspartner "Netzwerk Zuhause sicher" übergibt die Plakette an das PP BonnPP Bonn
In dringenden Fällen: Polizeinotruf 110