Mit Inkrafttreten weiterer Lockerungen sowie der Öffnung von größeren Geschäften, Gaststätten und Restaurants kommt das öffentliche Leben weiter in Gang. Mehr Menschen sind auf den Straßen, Plätzen und Wegen unterwegs und auch erste Versammlungen haben bereits wieder stattgefunden. Dies hat auch Auswirkungen auf den Dienstbetrieb der Bonner Polizei. Polizeipräsident Frank Hoever zieht eine kurze Bilanz zu sieben Wochen erheblicher Einschränkungen des öffentlichen Lebens, gibt aber auch einen Ausblick auf die kommenden Wochen.
Polizeipräsident lobt Bedienstete für umsichtiges Verhalten
Als überaus verantwortungsvoll stellt der Bonner Polizeipräsident Frank Hoever das umsichtige Verhalten seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im dienstlichen und privaten Miteinander in Pandemiezeiten heraus. Aber auch die behördlichen Maßnahmen zur Verminderung der Infektionsgefahren zeigten Wirkung:
„In kürzester Zeit haben wir durch Veränderungen in den Dienstabläufen, die für den Wachdienst mit täglichen 12-Stunden-Schichten verbunden waren, den Ausbau der Home-Office-Möglichkeiten im Bereich der Kriminalpolizei, zusätzlichen Schutzvorrichtungen in Dienstgebäuden, sowie durch umsichtiges Verhalten und großes Engagement aller Bediensteten dafür gesorgt, dass wir für die Menschen auch in den vergangenen Wochen rund um die Uhr ansprechbar und im Einsatz waren. Die öffentliche Sicherheit und Ordnung war jederzeit gewährleistet.“
Seit Anfang März wurden bei lediglich fünf Bediensteten der Bonner Polizei Covid-19-Infektionen bestätigt. Alle Betroffenen sind mittlerweile gesund und wieder im Dienst. „Seit dem 29. April 2020 wurden dem behördeneigenen Pandemiestab keine neuen COVID-19-Fälle oder Verdachtsfälle gemeldet“, so Polizeipräsident Hoever.
Weniger Einsätze
In dem Zeitraum vom 23. März bis zum 6. Mai 2020 wurden die Bonner Polizeibeamtinnen und -beamten zu insgesamt 8.773 Einsätze gerufen. Dies sind über 1.800 weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Dennoch waren die Polizistinnen und Polizisten gefordert. Ein Augenmerk der polizeilichen Tätigkeiten lag in den zurückliegenden Wochen dabei auch auf der Einhaltung der Coronaschutzverordnung. Dies erfolgte im Rahmen der Streifenfahrten oder auch bei gemeinsamen Fußstreifen mit dem Ordnungsdienst der Stadt Bonn. Bei 453 Einsätzen wurden mehr als 1.200 Personen kontrolliert. Gegen rund 600 Personen wurden Anzeigen erstattet, da die Personen sich nicht an das Kontaktverbot hielten. „Insgesamt ist aber festzustellen, dass die große Mehrheit der Menschen in Bonn und der Region mit großer Geduld und Konsequenz die neuen Regeln eingehalten haben“, stellt Polizeipräsident Hoever heraus.
Weniger Straftaten
Eine erste Auswertung des Kriminalitätsgeschehens in dem genannten Zeitraum ergab, dass die Anzahl der Straftaten um ein Drittel im Vergleich zum Vorjahr gesunken ist. In einigen Bereichen sind sogar noch deutlichere Rückgänge zu verzeichnen. Hinweis: Es handelt sich um vorläufige und nicht valide Zahlen, die ausschließlich dazu dienen, Trends darzustellen. Die Erfassung gemäß den bundesweiten Richtlinien zur Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt.
Im Wohnungseinbruch sanken die Fallzahlen um rund 40 Prozent. „Die Menschen haben sich mehr als sonst zu Hause aufgehalten und damit das Entdeckungsrisiko für potentielle Einbrecher natürlich deutlich erhöht“, so Frank Hoever. „Auch Delikte, die im öffentlichen Raum begangen werden, nahmen aufgrund der Beschränkungen merklich ab.“
Der deutlichste Rückgang ist mit circa 70 Prozent bei den Taschendiebstählen zu verzeichnen. Warum? Die von Trick- und Taschendieben bevorzugten Tatgelegenheiten in Bussen und Bahnen, an Rolltreppen, in Gaststätten, Geschäften oder bei Veranstaltungen waren deutlich reduziert bzw. schlichtweg gar nicht vorhanden. Außerdem kam es zu weniger Raubdelikten (-15 %) und auch weniger Körperverletzungen (-20 %). Auch die Zahl der Anrufe von falschen Polizisten und Enkeltrickbetrügern hat abgenommen (-40 %). Einen Anstieg der Fallzahlen verzeichnet die Bonner Polizei hingegen bei den Diebstählen aus Pkw. Diese Entwicklung setzte allerdings schon bereits im Februar ein und setzte sich in den vergangenen Wochen fort: Unbekannte schlagen Scheiben geparkter Autos ein. Anschließend entwenden sie Mobiltelefone, mobile Navigationsgeräte, Geldbörsen oder andere Gegenstände, die offen auf dem Beifahrersitz oder der Rückbank liegen. Hier appelliert Frank Hoever: „Ihr Auto ist kein Safe. Lassen Sie keinerlei Wertgegenstände offen im Fahrzeug liegen.“
Häusliche Gewalt: Bislang kein Anstieg / Polizeipräsident weist auf Dunkelfeld hin
Obwohl die Ausgangs- und Freizeitmöglichkeiten deutlich reduziert waren und die Menschen viel Zeit zu Hause verbrachten, ist die Zahl der Anzeigen wegen häuslicher Gewalt statistisch nachvollziehbar nicht angestiegen: Gegenüber dem Vorjahreszeitraum wurde die Polizei zu weniger Streitigkeiten und Auseinandersetzungen in Wohnungen und Häusern gerufen (-10 %). „Allerdings müssen wir hier von einem erhöhten Dunkelfeld ausgehen. Leider ist es oft so, dass die Opfer sich nicht, erst zeitverzögert oder sogar erst nach weiteren Gewalterfahrungen bei der Polizei melden“, erklärt der Polizeipräsident.
Weniger Verkehrsunfälle
Ein Blick auf das Verkehrslagebild der Bonner Polizei weist ebenfalls einen deutlichen Rückgang aus: Nach einer ersten Recherche wurden in dem Zeitraum rund 30 Prozent weniger Verkehrsunfälle gemeldet. „Dieser positive Trend bedeutet aber nicht, dass wir zum Beispiel auf Verkehrsüberwachung verzichten und keine Geschwindigkeitsüberwachungen mehr durchführen“, erklärt Polizeipräsident Hoever. „Wir setzen weiterhin unseren mobilen Radarwagen ein. Allein in der vergangenen Woche mussten wir bei Messungen an zwölf unterschiedlichen Orten feststellen, dass sich viele nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzungen halten“. Ob inner- oder außerorts: Von den bei diesen Kontrollen festgestellten 700 Temposündern erwarten 230 Fahrzeugführer Fahrverbote von mindestens einem Monat.
Ausblick: Die Pandemie wird unsere dienstlichen Abläufe weiter beeinflussen
„Das öffentliche Leben kommt wieder in Gang. Auch wenn dies noch schrittweise erfolgt, verfolgen wir die Entwicklung des Einsatz- und Kriminalitätsaufkommens genau, weil dies natürlich auch Auswirkungen auf unseren Dienstbetrieb haben wird. Meine Direktionsleiter erstellen gerade Konzepte zu einer Rückkehr in einen lageangepassten Dienstbetrieb. Dabei gilt es aber auch, die weiterhin bestehende Infektionsgefahr in keinem Fall zu vernachlässigen. Ich gehe davon aus, dass die Corona-Pandemie bis zum wirksamen Einsatz eines Impfstoffes auf die Dienstgestaltung in meiner Behörde weiter Einfluss haben wird. Wir werden, wie in den vergangenen Wochen auch, flexibel auf temporäre Entwicklungen reagieren und so auch weiterhin für die Sicherheit der Menschen sorgen“, so Polizeipräsident Hoever. „Wir alle haben in den vergangenen Wochen durch unser Verhalten dazu beigetragen, dass es nun zu den Lockerungen kommt. Daher hoffe ich, dass die Menschen weiterhin Abstand halten und den Mund- und Nasenschutz beim Einkaufen sowie beim Mitfahren in Bussen und Bahnen tragen. Klar ist in diesem Kontext aber auch, dass meine Kolleginnen und Kollegen bei Verstößen weiterhin konsequent einschreiten.“
Zur Person:
Frank Hoever (59) ist seit dem 1. April 2020 Bonner Polizeipräsident. Er trat 1976 in den Polizeidienst ein. Er arbeitete unter anderem im operativen Bereich der Schutz- und Kriminalpolizei bei den Polizeipräsidien Bonn und Köln. Später leitete er dort auch
Kriminalinspektionen und war für die Bekämpfung Organisierter Kriminalität und für verdeckte Ermittlungen verantwortlich. Insgesamt verfügt Hoever über rund 20 Jahre Kripo-Erfahrung. Von 2009 bis 2012 hatte er als Dezernatsleiter im Landeskriminalamt unter anderem die Fachaufsicht in Kriminalitätsangelegenheiten über die 47 Polizeibehörden des Landes. Als Direktor des LKA setzte er im Bereich Cybercrime, der Politisch motivierten Kriminalität und der Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern Schwerpunkte bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität sowie der Banden- und Clankriminalität.