Ziel Paralympics

Christoph Schweizer und Sebastian Müller haben die Paralympics in Tokio fest im Visier.
Ziel Paralympics
Radsportler Christoph Schweizer ist Spitzenathlet. Der Beamte aus dem Polizeipräsidium Aachen hat zahlreiche Medaillen bei Deutschen Meisterschaften gewonnen. Seine neue Leidenschaft ist das Paracycling auf dem Tandem.
Streife-Redaktion

 

Was ist das, Paracycling auf dem Tandem?

Ich fahre seit 2019 beim Deutschen Behindertensportverband als Pilot mit einem blinden Partner auf einem Tandemrad. Pilot nennt man denjenigen, der vorne sitzt, steuert und die Ansagen zur Strecke für seinen blinden Partner gibt. Aber eines müssen wir beide: in die Pedale treten.

 

Wie hat das angefangen mit dem Paracycling?

Unser Fachwart Radsport in NRW hat mich 2019 angesprochen. Ich war ein wenig überrascht, habe dann aber schnell mein Okay gegeben. Mein heutiger Teampartner Sebastian Müller hat aufgrund eines Netzhauttumors mit sechs Jahren sein Augenlicht verloren. Er hat richtig Lust auf ambitioniertes Radfahren mit dem Ziel, an den Paralympics 2021 in Tokio teilzunehmen.

 

Wie ging es weiter?

Schon nach unserem ersten Treffen hat er mir volles Vertrauen geschenkt. Er verlässt sich auf mein Steuern, Bremsen, In-die-Kurve-Legen oder die Geschwindigkeit, die ich uns zutraue. Er legte quasi von Beginn an seine Gesundheit zu 100 Prozent in meine Hände. Mir imponiert, wie er mir vertraut, und ich gehe mit Sebastian sehr gern diesen gemeinsamen Weg.

 

Und jetzt stehen die Paralympics in Tokio vor der Tür?

Ja, wir haben ein großes Ziel. Auf dem Weg dahin müssen wir uns noch qualifizieren. Leider hat uns Corona bislang alle Chancen genommen. Wir hoffen, dass wir ab Mai in den Weltcup einsteigen können. Wir haben zwar schon gut gemeinsam trainiert, Rennerfahrung kann man damit aber nicht ersetzen. Erst dann wird sich zeigen, wie gut wir auch als Team zusammengewachsen sind. Am Ende des Weges steht dann hoffentlich tatsächlich Tokio.

 

Habt ihr auch gemeinsame Interessen außer Radfahren?

Die Zusammenarbeit mit Sebastian hat mir bewusst werden lassen, wie dankbar ich sein kann, all die Dinge, die mir selbstverständlich sind, auch so machen zu können, wie es für mich normal ist. Mit ihm bin ich in eine neue Welt eingetaucht. Bei Sebastian hat alles seinen Platz, in der Tasche oder am Haken in der Kabine. Beim Einordnen oder Aufhängen hat er sein festes System. Ich muss häufig daran denken, wie oft ich diverse Gegenstände suche. Als Sehender bin ich nicht auf ein System angewiesen.

 

Aber Sebastian.

Er kann mit seinen Systemen nicht alles so einrichten, dass er handlungssicher ist. Wenn wir in einer für ihn unbekannten Gegend sind, bin ich als Partner außerhalb des Radsports wichtig. Wie komme ich zum Hotel, was befindet sich wo im Zimmer, wo können wir etwas essen und was steht in einem Lokal auf der Karte? Wir erkunden so gemeinsam sehr viel in dieser Zeit. Am Anfang bin ich mit meinen Beschreibungen oft gescheitert. Inzwischen habe ich gelernt, zu erkennen, wie ich die Bilder, die ich sehe, besser beschreiben kann. So, dass er eine konkrete Vorstellung entwickeln kann. Das hat mich auch für den Dienst sensibilisiert. Mir ist noch bewusster geworden, dass am Funk am anderen Ende ein nicht sehender Mensch sitzt und wie wichtig auch hier eine konkrete Beschreibung ist.

 

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