Wie läuft ein Einsatz der LKA-Profiler ab?
Zunächst trifft sich das Team mit den Verantwortlichen der zuständigen Kreispolizeibehörde und prüft, ob der Auftrag machbar ist. Dann wird ein Zeitpunkt vereinbart, wann das Ergebnis vorliegen soll.
Wie frühzeitig werden Sie eingebunden?
Vorteilhaft ist, wenn die LKA-Profiler zeitnah in die Ermittlungen eingebunden werden. Erste wichtige Entscheidungen sind bereits unmittelbar nach der Tat zu treffen. Davon hängen Erfolg oder Misserfolg ab. Die notwendigen Informationen dazu liefern Tatortbeamte und Obduzenten.
Welche Entscheidungen sind das?
Wie viel Personal wird benötigt? Welche Experten sind einzubeziehen? Ab welchem Zeitpunkt soll ermittlungsbegleitende Presse- und Öffentlichkeitsarbeit erfolgen? Wie und durch wen sollen Massendaten verarbeitet und Hinweise aus der Bevölkerung aufgenommen und priorisiert werden? Welche Tatverdächtigen werden in welchem Umkreis überprüft? Wo beginnen und wo enden Suchmaßnahmen zum Auffinden von Opfern, Leichen, Opferbekleidung oder Tatmitteln? Und noch vieles mehr.
Sie beginnen dann mit der sogenannten „Operativen Fallanalyse“. Was passiert hier genau?
Zu Beginn sammeln wir möglichst alle objektiven Informationen zum Opfer. Das ist wichtig, um sich in den Fall hineindenken zu können. Daraus erarbeiten wir Stück für Stück die Hinweise, die die Ermittlungen weiterbringen.
Im nächsten Schritt analysieren wir die vorhandenen Daten. Welche davon sind gesichert? Nur sichere Befunde gewährleisten sichere, widerspruchsfreie Hypothesen zum Tatablauf und zum Motiv. Alle anderen Daten werden nicht berücksichtigt.
Danach erarbeiten wir Details zum Opfer, dessen Verletzungen und zum Tatort selbst. Wir suchen dazu die Tatorte auf und sprechen mit Obduzenten, um die vorhandenen Verletzungen bewerten zu lassen. Anschließend werden die Befunde herausgehoben, die entscheidend für den weiteren Analyseprozess sein dürften.
Was passiert mit den Ergebnissen?
Mit der Auswertung stellen wir alle denkbaren Hypothesen auf. Am Ende des Analyseprozesses bleiben nur noch die, die wahrscheinlich sind und solche, die nicht ausgeschlossen werden können. Alle Hypothesen werden mit einem Wahrscheinlichkeitsgrad belegt.
Nach welchen Kriterien vergeben Sie den Wahrscheinlichkeitsgrad?
Dazu wird das Geschehen rekonstruiert: Das heißt, wir betrachten die Tat in einzelnen Sequenzen, analog zu den Entscheidungen, die der Täter getroffen hat. Welches Verhalten ist in der Gesamtbetrachtung typisch oder untypisch für das Delikt? Welches Motiv hat den Täter vorrangig zur Tat veranlasst hat und welche Kompetenzen er dabei gezeigt hat? Diese Fragen werden hier beantwortet und fließen in die Ergebnisse ein. Sie lassen Rückschlüsse auf Physis, Psyche, Auftreten im Alltag, Gefährlichkeit (Wiederholungsgefahr), Beziehung zum Opfer, Beruf, Familienstand und Lebensraum des Täters zu.
Gibt es einen Unterschied zwischen Ihrer Arbeit in aktuellen Fällen und den „Cold Cases“ (ungeklärte Tötungsdelikte)?
In Cold Cases wird ein LKA-Profiler-Team erst nach Abschluss der Ermittlungen tätig. Das heißt, erst danach kommt die zuständige Kreispolizeibehörde auf uns zu oder wir regen eine Zusammenarbeit an. Gemeinsam mit den Ermittlern suchen wir dann nach Ansatzpunkten, um die Ermittlungen wieder aufnehmen zu können. Das können beispielsweise Mordmerkmale sein. Denn, Mord verjährt nicht.
1. Die "Vergleichende Fallanalyse" (zur Prüfung eines Serienzusammenhangs)
Bei der fallanalytischen Prüfung des fraglichen Serienzusammenhangs werden Übereinstimmungen zwischen mehreren Fällen geprüft, Abweichungen bewertet und eine Aussage darüber getroffen, ob die entsprechenden Taten aus fallanalytischer Sicht einer Person oder Personengruppe zugeordnet werden kann.
Zur Wahrung der Objektivität ist es im Zusammenhang mit der Prüfung des fraglichen Serienzusammenhangs vor allem bei Tötungsdelikten aus methodischen Gründen geboten, zunächst unabhängige Fallanalysen der einzelnen Delikte zu erstellen.
Hierzu werden in der Regel unterschiedliche Analyseteams eingesetzt, um die inhaltliche Unabhängigkeit der Einzelanalysen zu gewährleisten.
2. Die "Geografische Fallanalysen" („die Suche nach Täterankerpunkten“)
Geografische Fallanalysen dienen dazu, Aussagen zu möglichen örtlichen Bezügen des Täters (Ankerpunkte) abzuleiten, um die Ermittlungen auf die so priorisierten Örtlichkeiten zu fokussieren. Ankerpunkte des Täters bezeichnen Örtlichkeiten, die für den Täter insbesondere im Rahmen seiner aktuellen oder ehemaligen Routineaktivitäten eine bestimmte Bedeutung haben.
Hierunter fallen z.B.
- aktuelle oder vormalige Wohnorte des Täters oder seiner Familie,
- Örtlichkeiten, die im Zusammenhang mit aktuellen oder früheren beruflichen Tätigkeiten oder Freizeitaktivitäten des Täters stehen.
Geprüft wird unter anderem, ob das räumliche Täterverhalten im Anlassdelikt im Einklang oder (teilweise) im Widerspruch zu empirischen Grundannahmen zur Tatortauswahl/Distanzen zu Ankerpunkten steht, um entweder das räumliche Verhalten im Anlassdelikt als klassisches oder aber als sehr spezielles Geo-Profil des Täters herauszustellen.
Mit Hilfe eines Geografischen Informationssystems (GIS) können komplexe Sachverhalte mit einem räumlichen Bezug so abstrahiert werden, dass sie sich mit Hilfe der Informationstechnologie für den Menschen nachvollziehbar darstellen lassen. Es handelt sich also um Werkzeuge, die sowohl der Erfassung, aber auch der Bearbeitung, Organisation, Analyse und Präsentation von Sachverhalten mit räumlichem Bezug dienen.