Die nordrhein-westfälische Polizei ist deutschlandweit Vorreiter in puncto Online-Vernehmung. Die Möglichkeit, Zeugen und Beschuldigte per Videokonferenz zu vernehmen, gibt es so bisher in keinem anderen Bundesland. Dafür benutzt die NRW-Polizei das eigene Videokonferenzsystem (HiPoS-VKS). Das Interesse ist groß und so gibt es laut Dirk Rodenbücher (46) bereits einen regelmäßigen Austausch mit anderen Ländern. Rodenbücher ist als Teildezernatsleiter 34.3 im Landeskriminalamt zuständig für die Online-Vernehmung in Nordrhein-Westfalen.
„Die Online-Vernehmung macht Ermittlungsverfahren viel effizienter. Bürgerinnen und Bürger sparen sich die Anreise zur Polizeidienststelle und haben keine Fahrtkosten. Da die Online-Vernehmung ortsflexibel ist, lassen sich wesentlich leichter Termine für die Vernehmung abstimmen. Wenn die Vernehmung früh stattfindet, ist die Erinnerung oft noch viel frischer und die vernommene Person kann präzisere Angaben machen.“
Ein weiterer Vorteil ist, dass Ermittlungsersuchen an andere Behörden überflüssig werden. Beispiel: Ein Mann wird Zeuge einer Kneipenschlägerei in Köln, wohnt aber in Aachen. In der Regel vernimmt ihn dann ein Polizeibeamter in Aachen, der sich dafür zunächst in den Sachverhalt einarbeiten muss. Über die Online-Vernehmung kann der ermittelnde Polizist in Köln das kurzfristig selbst übernehmen. So wird der Kollege in Aachen entlastet und die Ermittlungsarbeit beschleunigt.
Von den mehr als 700 Vernehmungen, die seit dem Kick-off Ende November online durchgeführt wurden, gehen rund 75 auf das Konto der „EK Lützerath“. Kriminalhauptkommissar Sebastian Röhrhoff (33) ist Teil der Ermittlungskommission, die den Einsatz rund um die Räumung von Lützerath aufarbeitet. „In einer ersten Welle haben wir Polizeibeamtinnen und -beamte aus ganz Deutschland vernommen, wegen der großen Menge aber von Anfang an die Online-Vernehmung genutzt“, erzählt Röhrhoff. Von verletzten Polizistinnen und Polizisten sei das Angebot besonders positiv angenommen worden. In nur drei Monaten hat die EK über 140 Vernehmungen durchgeführt – gut die Hälfte davon online. Röhrhoff: „Das wäre ohne die Online-Vernehmung nicht möglich gewesen. Wir möchten das Tool nicht mehr missen.“